Familie Wellers setzt auf mehrere Standbeine – Dazu gehört auch eine Kfz-Werkstatt
Von einer Mühle im zehnten Jahrhundert bis zur Freiland-Mast von Schweinen: Der Wellers Hof in Niederneuching kann eine lange Geschichte vorweisen.
Heute läuft die Landwirtschaft lediglich als Nebenerwerb. Die Haupteinnahmequelle von Hans Wellers, der den Hof 2002 übernommen hat, ist die eigene freie Kfz-Werkstatt mit aktuell vier Angestellten. Neben diesem Fulltime-Job betreibt der 45-Jährige die Landwirtschaft aber weiterhin mit Leidenschaft und einer gewissen Ideologie. Er kümmert sich liebevoll um die aktuell 27 Schweine und die große Pappelplantage.
Früher sah das noch anders aus. Um das Jahr 940 herum wurde die bis in die 2000er Jahre betriebene Methmühle das erste Mal in einer Schenkungsurkunde erwähnt, die erste offizielle Nennung war 1414. Ohne diese Mühle würde es den Hof nicht geben, betont Wellers, dessen Familie 1868 das Areal erwarb.
Vorreiter bei der Energieversorgung
Ur-Ur-Opa Markus Burgmair übernahm Mühle sowie Landwirtschaft, und lange Jahre war er als Burgmair Hof bekannt. Den Namen Wellers Hof bekam er durch Hans Markus Wellers, den Vater des aktuellen Chefs. Mittlerweile ist die fünfte Generation aktiv.
Ein größerer Schweinestall war lange Zeit Bestandteil des Anwesens, bis 1992 wurde dieser noch betrieben. Dann sei der große Crash beim Schweinefleisch gekommen, berichtet Hans Wellers: „Mein Vater gab die Mast daher auf.“ Eine Zeitlang wurde auf den Flächen eine Pferdepension betrieben, heute vermietet die Familie Teile der Gebäude an unterschiedliche Gewerbe. Zusätzlich gibt es zwei Ferienwohnungen, die Hans Markus und seine Frau Hanni Wellers unterhalten.
Hans Wellers selbst nutzte die damalige Umstrukturierung, um seine eigene Kfz-Werkstatt zu gründen – diese ist bis heute die Haupteinnahmequelle, und dank dieser hatte man die Möglichkeit, weiter in den Hof zu investieren, ihn überhaupt noch zu betreiben. Bezüglich moderner Energieversorgung sei der Vater ein Vorreiter gewesen, sagt Hans Wellers. Zusammen mit der TU Weihenstephan gab es einen Versuch mit Wärmetausch mittels Glasröhrchen. Jetzt sorgt die eigene Pappelplantage für die nötige Energie.
„Wir wollten umweltfreundlich und zentral unseren eigenen Brennstoff be-kommen.“ Auf zweimal 1,5 Hektar wachsen nun an die 12 000 Pappeln, alle vier bis fünf Jahre wird ein Teil gefällt. Die anschließende Trocknung erfolgt mittels der eigenen Solaranlage: „Das ist ökologisch der mit Abstand beste Weg“, freut sich Hans Wellers, der dahinter auch einiges an Idealismus sieht.
Tiere gab es einige Zeit nicht mehr auf dem Wellers Hof. Seitdem er einstieg, habe er es kurzfristig mal mit ein paar Schafen versucht, berichtet der 45Jährige. Aber der Fokus lag auf der Werkstatt und der eigenen Bioenergie. Doch mit der Zeit kam eine neue Idee auf: „Weil früher auf dem Hof immer Schweine vorhanden waren, haben wir uns mit diesen tollen und intelligenten Tieren wieder beschäftigt.“
Das ganze Tier wird verwertet
Zusammen mit seinem Neffen Jan Sigl und seiner Lebensgefährtin Vroni Renner studierte man unterschiedliche Möglichkeiten und entschied sich für eine besondere Freilandmast. In Zusammenarbeit mit dem Veterinäramt, das von Hans Wellers dank der sehr guten Unterstützung ein besonderes Lob erhält, wurde der Bereich für die Schweine erstellt. Große Suhlen, Rückzugsmöglichkeiten unter Bäumen und ein zweifacher Zaun als Schutz vor Wildtieren, dazu Futter aus dem eigenen ökologischen Anbau – es herrschen perfekte Bedingungen für die Vierbeiner. Es tummeln sich alte Rassen wie Duroc-Schweine oder Schwäbisch-Hällische auf dem Wellers Hof. Diese seien noch nicht so „hochgezüchtet“, hätten ein besonderes, marmoriertes Fleisch.
Trotz der liebevollen Behandlung sei eines klar: Irgendwann wird das Schwein geschlachtet: „Jedes Mal ist es zwar eine traurige Sache und nicht einfach“, betont Hans Wellers. Aber damit werde das Bewusstsein, dass das Fleisch nicht aus dem Supermarkt kommt, gestärkt.
Dieses Bewusstsein wünscht sich der 45-Jährige auch von den Verbrauchern. Das Fleisch wird via Direktvermarktung oder in Landgut-Metzgereien verkauft, dabei das ganze Tier verwertet. Diese Form der Haltung gehe nur als Nebenerwerb: „Davon leben könnte man nicht.“
Die biologische Schweinemast, Pappelplantage und das ganze Drumherum will Hans Wellers trotz der Arbeitsbelastung nicht aufgeben, zu viel Freude bereite das Ganze, sei ein guter Ausgleich zur Kfz-Werkstatt. Allerdings könnten die bürokratischen Anforderungen etwas sinken, das wünscht er sich von der Politik, und: „Sie sollte einmal wieder auf den Boden der Tatsachen herunterkommen und sich mit echten Problemen auseinandersetzen.“
BERND HEINZINGER im Erdinger Anzeiger vom 24. August 2024